Ende 2009 fand auf dem Gelände vor dem ehemaligen Frankentor südöstlich der Stralsunder Altstadt eine baubegleitende archäologische Voruntersuchung statt. Dieses Areal war seit dem 17. Jahrhundert von massiven Festungsanlagen geprägt und mehrfach Ziel von feindlichen Angriffen. Auf einem ehemaligen Geländefußboden wurde ein durch die Abbruchmaßnahmen zum Teil gestörtes Massengrab entdeckt, das mit der Belagerung von 1715 in Zusammenhang gebracht wurde. Das Grab war teilweise gestört, weshalb keine vollständigen Skelette vorlagen. An den Individuen wurde eine anthropologische und paläopathologische Untersuchung durchgeführt, die aufschlussreiche Ergebnisse über das Leben der Soldaten erbrachte und Rückschlüsse auf das Sterben der Männer ermöglichte.
25 männliche Individuen wurden dort in mehreren Lagen und teilweise in Bauchlage bestattet. Das Durchschnittsalter betrug 33 Jahre. Ein beträchtlicher Anteil der Männer hatte ein Alter von über 40 Jahren erreicht und keines der Individuen war noch im jugendlichen Alter. Damit unterscheidet sich die Alterszusammensetzung signifikant von der bisher bekannter Massengräber aus dem Dreißigjährigen Krieg. Die durchschnittliche Körperhöhe betrug 169 cm.
Die Krankheitsbelastung war auffallend gering. Erkrankungen die mit schlechten Lebensbedingungen in Verbindung zu bringen sind, wie Stomatitis, Sinusitis maxillaris oder Cribra cranii kamen kaum vor. Anhand der Zahnbefunde kann eine überwiegend proteinreiche Ernährung rekonstruiert werden. Auffällig waren die zahlreichen Trümmerfrakturen an den Extremitätenknochen, die auf Opfer eines Kampfes mit schwerer Artillerie hinweisen. Verletzungen aus einem Nahkampf konnten nur in einem Fall nachgewiesen werden. Es handelt sich vermutlich um Angehörige der Verbündeten Truppen, die beim Angriff auf das Hornwerk gefallen sind.
Trümmerfraktur am oberen Drittel des linken Humerus
Verletzungsmuster Trümmerfrakturen (blaue Markierungen), Schussverletzung (rote Markierung) und Stichverletzung (grüne Markierung)