Im November 1991 wurden bei Erdarbeiten am Friedländer Tor in Neubrandenburg menschliche Skelette entdeckt. In einer Notgrabung durch Mitarbeiter des Regionalmuseums der Stadt wurden die Knochen dokumentiert und geborgen. Aufgrund der Lage des Fundplatzes, Spuren von Gewalteinwirkungen an einigen Knochen und der Auffindung eines Uniformkopfes aus dem 17./18. Jahrhundert wurde davon ausgegangen, dass es sich um ein Massengrab handelt, das im Zuge der Eroberung Neubrandenburgs durch General Tilly im Frühjahr 1631 angelegt wurde.
Ende 2009 konnte an den Skelettresten eine anthropologische Untersuchung durchgeführt werden. An den Knochen, die als Einzelknochen ohne Individualverband vorlagen, wurde als erstes die Mindestindividuenanzahl bestimmt. Es stellte sich heraus, dass anhand der Schädel und Schädelfragmente mindestens 13 Individuen vorlagen. Ziel der weiterführenden Untersuchungen war das Zusammenfügen von Knochen zu Individuen und eine Erhebung der Individualdaten Sterbealter, Geschlecht und Körperhöhe. Weiterhin waren die Krankheitsbelastung, sowie eine Analyse der Spuren von Gewalteinwirkungen von besonderem Interesse.
Bei allen Individuen handelt es sich um Männer, die in einem Alter von 15 bis 44 Jahren, mit einem Sterbegipfel im Alter von 25-29 Jahren, verstarben. Die durchschnittliche Körperhöhe betrug 170 cm. Anhand der Untersuchung der Gebisse kann auf eine Ernährung geschlossen werden, die vergleichsweise reich an tierischen Produkten war. Mangelerkrankungen ließen sich kaum nachweisen, so dass von einer recht guten Ernährungslage ausgegangen werden kann. Die hygienischen Verhältnisse dürften jedoch äußerst schlecht gewesen sein und deuten auf Parasitenbefall und unzureichende Wohnverhältnisse hin. Entzündliche Erkrankungen des Schädeldaches und der Nasennebenhöhlen, sowie Spuren von Mundschleimhautentzündungen kommen sehr häufig vor.
Die Folgen verschiedenster Gewalteinwirkungen finden sich mehrfach. An drei Schädeln zeigen sich Spuren stumpfer Gewalteinwirkung in Form ausgedehnter Trümmerbrüche. Spuren scharfer Gewalt können an zwei Schädeln nachgewiesen werden, wobei jeweils mehrere Hiebe vorhanden sind. Schussverletzungen finden sich an zwei Schädeln als Einschussöffnungen.
Die Analyse der Herkunft durch Frau Prof. Dr. Grupe erbrachte keine ortsfremden Individuen.
Jungklaus B & Prehn B (2011): Ein Soldatenmassengrab vom Friedländer Tor in Neubrandenburg aus dem Jahre 1631 und dessen anthropologische Untersuchung. Neubrandenburger Mosaik 35, 10-33.
Jungklaus B (2012): Pestopfer? Drei Bestattungen aus dem 17. Jahrhundert auf der Dominsel Brandenburg an der Havel. Archäologie in Berlin und Brandenburg 2011, 132-135.