Bei Ausgrabungen auf dem Burgberg von Lebus nördlich von Frankfurt/Oder fand sich im Oktober 2009 überraschend ein Grab mit vier Individuen, die zeitgleich dort bestattet wurden. Durch die interdisziplinäre Zusammenarbeit von Archäologie, Anthropologie und Historie konnten die Umstände ihres Todes und die geschichtlichen Zusammenhänge rekonstruiert werden.

Beim Lebuser Burgberg handelt es sich seit vorgeschichtlicher Zeit um einen bedeutenden Fundplatz wie unter anderem ein wichtiger bronzezeitlicher Depotfund bestätigt. Die slawische Burg ist im Jahre 1000 erstmalig erwähnt und seit dem 12. Jahrhundert Standort der Kathedrale des deutsch-polnischen Lebuser Bistums. Der Standort der schon im späten 13. Jahrhundert aufgegebenen Kathedrale wurde erst im Jahr 2000 wieder aufgedeckt und konnte 2003 archäologisch und geophysikalisch erkundet werden. Die Fundstelle der vier Skelette liegt nur wenige Meter südlich des Doms. Ein Bezug zum Domfriedhof kann aber ausgeschlossen werden, da zwischen Dom und Grab Siedlungsspuren festgestellt wurden. Vielmehr ergibt sich ein Bezug zu einer ehemaligen Verteidigungsgrenze, die durch eine Häufung von Armbrustbolzenfunden und einem älteren Abschnittsgraben angedeutet wird. Aus dem Grab selbst wurden spätslawische und frühdeutsche Keramik sowie Waffenzubehör und ein Trachtgegenstand geborgen.

Die anthropologische Untersuchung erbrachte, dass es sich bei den vier bestatteten Individuen um junge Männer handelt. Auffällig ist, dass sie alle unverheilte Hiebverletzungen von Blankwaffen an den Schädeln aufweisen; zwei der Verletzungen waren sicher tödlich. Daher kann mit großer Sicherheit geschlussfolgert werden, dass die Individuen in einem Kampf starben.

Im Laufe des Mittelalters war der Burgberg von Lebus mehrfach Schauplatz kriegerischer Auseinandersetzungen, die in massiven Territorialstreitigkeiten begründet waren. In diesem Zuge wurde auch das Bistum Ende des 13. Jahrhunderts an einen neuen Standort östlich der Oder verlegt. Die in Frage kommenden geschichtlichen Ereignisse um den Burgberg lassen sich aufgrund des geborgenen Fundmaterials auf die Zeit um 1200 bis in die erste Hälfte des 13. Jahrhunderts eingrenzen. Die zeitliche Einordnung des Kampfes, in dessen Folge das Grab angelegt wurde, lässt sich durch eine genaue Betrachtung der in den Quellen beschriebenen Schauplätze der Auseinandersetzungen in Lebus für 1239 konkretisieren. Bei dem Angriff Erzbischofs Willbrands von Magdeburg im diesem Jahre ist vermutlich auch die Kathedrale zerstört worden.

Bergung der Knochen

Schädel mit unverheilter Verletzung als Folge eines Schwerthiebes