Bei Sanierungsarbeiten auf dem Nikolaiplatz in Brandenburg/Havel in den Jahren 2011–13 wurden Bereiche des frühneuzeitlichen Friedhofs der Kirche St. Nikolai erfasst und 63 Skelette geborgen. Aufgrund der archäologischen Ergebnisse dürften die Gräber überwiegend ins 18./19. Jahrhundert zu datieren sein. An den bestatteten Individuen konnten aus Kostengründen nur eingeschränkte anthropologische Untersuchungen durchgeführt werden, die lediglich erste Einblicke in die Lebensumstände der Verstorbenen ermöglichten. Die osteologische und paläopathologische Befundung wurde mit den gängigen Methoden durchgeführt, wobei Sterbealter, Geschlecht und Körperhöhe bestimmt sowie auffällige Erkrankungen dokumentiert wurden.
Es konnten 48 erwachsene und drei jugendliche Individuen sowie zwölf Kinder festgestellt werden, wovon 28 weiblichen und 20 männlichen Geschlechts waren. Bei 15 Skeletten ließ sich das Geschlecht nicht feststellen. Es liegt also ein erheblicher Frauenüberschuss vor. Die Körperhöhe betrug im Durchschnitt 160,0 cm. Es handelt sich im Ganzen um einen zufälligen, nicht repräsentativen Ausschnitt der frühneuzeitlichen Population von Brandenburg/Havel.
Die Gebisse waren durchweg in äußerst schlechtem Zustand. Die Kariesbelastung war mit einer Kariesfrequenz von 72,2 % und einer Kariesintensität von 23,6 % sehr hoch, was auf eine überwiegend kohlehydratreiche Ernährung schließen lässt (Brot, Getreidebreie und eventuell auch Kartoffel). An den Skeletten ließen sich viele Erkrankungen nachweisen, die jedoch nicht systematisch aufgenommen werden konnten und lediglich als Einzelfälle vorgestellt wurden. Es fanden sich ein Fall von Krebsmetastasen, eine Verdachtsfall Tuberkulose, Morbus Perthes und eine schwere Wirbelsäulenfraktur sowie zwei mutmaßliche Oberschenkelhalsbrüche.
Pilzförmige Verformung des Oberschenkelkopfes vermutlich als Folge eines Morbus Perthes
Spuren von Knochenmetastasen eines Weichteilkarzinoms am linken Os ilium